Anders kann ich es gar nicht sagen – meine letzte Woche in Reading hatte es in sich: im positiven sowie im negativen Sinne.
Angefangen hat alles damit, dass ich an meinem letzten Wochenende eigentlich ein bisschen dem Reading Festival am Fluss lauschen wollte. Da es aber auf einmal ziemlich kalt geworden ist und auch kaum noch Sonne zu sehen war, habe ich diesen Plan kurzerhand gecancelt. Ich habe mir stattdessen am Samstag bei einigen Gläsern ukrainischen Dessertwein mit ein paar Leuten tolle Fotos von Jakobs Urlaub in der Ukraine angesehen – die Festivalmusik hatte ich dann während meiner Wartezeit an der Bushaltestelle. 🙂
Am Sonntag verwandelte sich mein Zimmer im Wohnheim dann schließlich in einen Ableger des Dschungelcamps. EIGENTLICH sollte nur ganz kurz der Strom abgestellt werden. So…5 Stunden lang…dann gab es kein heißes Wasser…was ich natürlich erst beim Duschen festgestellt habe. Somit hatte ich schon meine persönliche „Ice Bucket Challenge“ :). Zur Krönung funktionierte ab Sonntag Nacht auf einmal das Internet nicht mehr. Da am Montag Bank Holiday Feiertag war, habe ich also auch nicht mit technischem Support gerechnet. Nachdem das Internet am Dienstag Abend immer noch nicht ging, habe ich mal bei der Wohnheim-Hotline nachgefragt, mit dem Ergebnis, dass man das Problem noch suche. Es wurde letztendlich bis gestern (Donnerstag) Abend gesucht – dadurch konnte ich leider auch bisher noch nichts schreiben – sorry!
Aber nun zu den guten Dingen: Dienstag und Mittwoch hat mich Jacky in die Zweigbibliothek nach Tilehurst geschickt, damit ich mir dort die Mobile Library angucken kann. Da Ann ja diese Woche im Urlaub ist, hat Jacky also nun etwas gesucht, um mich zu beschäftigen. 🙂
In Tilehurst angekommen zeigte mir Dawn, die für das Ganze zuständig ist, erst einmal den Mobile Library Lagerraum, der hauptsächlich Hörbücher auf CD und Kassette und Bücher mit extra großer Schrift beinhaltete, aber auch ziemlich viele „normale“ Bücher im Angebot hatte. Sie erklärte mir, dass die Mobile Library für alle Leute ist, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr in die Bibliothek kommen können. Daher gibt es einen Bücher-Van, der dann besucht werden kann, und einen „Lieferservice“ für Menschen, die ihr Haus nicht mehr verlassen können.
Der Van der Mobile Library
Dawn gab mir dann gleich einen Zettel, auf dem die „Bestellungen“ für den heutigen Tag standen. Eine ältere Lady hätte gerne ein paar Krimis in großer Schrift, da sie nicht mehr so gut sehen kann. Die Krimis sollten aber nicht zu altmodisch sein und nicht zu gruselig und schaurig. Und bitte nichts von Dick Francis! 🙂 So haben wir also ca. eine Stunde lang den Bestand nach passenden Dingen durchsucht und auch für jeden Leser auf der Liste etwas gefunden. Anschließend bin ich mit Dawn im großen Van zu 2 betreuten Unterkünften für Senioren in Tilehurst gefahren. Kaum hatten wir geparkt, kamen auch schon 3 Ladys mit ihren Körbchen an und stöberten durch die im Van angebotenen Bücher. Anschließend haben wir die Körbchen für sie auf ihre Zimmer getragen und noch ein paar „Hausbesuche“ gemacht.
Am Mittwoch haben wir wieder erst passende Bücher für die Leser ausgesucht und sind dann mit dem Auto direkt zu einigen Hausbesuchen losgefahren. Danch wurden noch zurückgegebene Bücher eingestellt und etwas gerückt.
Ich muss wirklich sagen, dass mir die Arbeit mit der Mobile Library sehr viel Spaß gemacht hat und mich auch sehr berührt hat – die meisten der Nutzer sind ältere Herren und Damen und viele von ihnen können nicht mehr so gut sehen, weshalb sie auf große Schrift und Hörbücher zurückgreifen. Alle waren unglaublich nett und haben sich sehr über unseren Besuch gefreut – so wurde jedes Mal noch ein bisschen geschwatzt und auch das ein oder andere Stück Schokolade sprang für Dawn und mich dabei heraus. Besonders 2 Damen werden mir in Erinnerung bleiben: eine war 102 Jahre alt und wusste ganz genau, was sie gerne liest und was nicht – und hat sich furchtbar bei uns beschwert, weil ihr Enkel ihr andauernd Rosamunde Pilcher andrehen will – dabei liest sie doch so gerne Krimis. 🙂
Eine weitere Dame war Mrs. R., die mit ihrer Nichte in einem wunderschönen Haus lebt. Auf Dawns Nachfrage, wie es ihr denn so gehe, sagte sie: „Ach naja, wenn ich besser sehen könnte hätte ich gar keine Beschwerden – aber mit 97 kann man da wohl nicht so anspruchsvoll sein“ 😀
Donnerstag und Freitag habe ich Hörbücher umsigniert und einige Bücher zum Sprachen lernen katalogisiert.
Gestern Abend habe ich außerdem meine lieben neuen Freunde hier in Reading verabschieden müssen – wir hatten einen tollen Abend im Pub und ich bin wirklich etwas traurig, dass ich schon wieder gehen muss. Falls ihr das lest: ihr werdet mir sehr fehlen!
Heute stand dann auch der Abschied von meinen wundervollen Kolleginnen an…Nachdem ich Ann ja schon letzte Woche verabschiedet hatte und heute morgen mit meinen riesigen Koffern in der Bibliothek ankam, haben sich sofort alle versammelt um mir ganz feierlich ein paar Geschenke zu überreichen, die mich an die Bibliothek und Reading erinnern sollen. Ich musste wirklich mit den Tränen kämpfen und war super traurig, als ich mich dann letztendlich von allen verabschiedet habe.
Jetzt sitze ich in London Gatwick im Flughafenhotel und erledige noch den letzten Papierkram…morgen früh um 6 geht mein Flug in Richtung Berlin. Ich freue mich schon sehr auf zu Hause, bin aber auch ziemlich geknickt, dass die wundervollen 8 Wochen, die ich in England hatte, nun schon vorbei sind. Ich werde definitiv wiederkommen und werde meine Zeit hier in sehr guter Erinnerung behalten.
Ich werde wahrscheinlich noch einen abschließenden Beitrag schreiben, in dem ich nochmal ein Fazit ziehe. Bis dahin bleibt mir nur noch zu sagen:
„Tschüss, Reading – es war schön mit dir!“